Plus Der Wirt des Mindelheimer Theaterecks hat mit Kundenschwund zu kämpfen. Finanziell geht es an die Substanz. Selbstgemachte Grillsoßen sollen nun für eine weitere Einnahmequelle sorgen.
Von Oliver WolffDie Corona-Krise setzt vielen Gastronomen zu. Die Branche ist ohnehin seit Jahren unter Druck. Erst der Lockdown, nun der anhaltende Gästeschwund – finanziell geht es den meisten Betrieben schlecht, auch im Unterallgäu. Der Mindelheimer Koch und Wirt Peter Weyh-Immerz vom Theatereck hat sich in der Pandemie etwas Besonderes einfallen lassen: Er verkauft selbst gemachte Grillsoßen. Die MZ durfte bei der Herstellung dabei sein.
Weyh-Immerz hält nicht viel von Convenience, also Fertigprodukten in der Gastronomie. „Ich koche so viel wie möglich selbst und nach eigenem Rezept.“ Auch die Bratensoßen macht der Mindelheimer Koch selbst. Ihm sei wichtig, dass seine Gerichte individuell sind. Die Barbecuesoße für die Spareribs sind bei seinen Kunden beliebt. „Ich dachte mir, wenn viele meiner Gäste nicht ins Restaurant gehen und lieber daheim kochen oder grillen wollen, können sie trotzdem meine Grillsoße verwenden.“
Die Grill-Soße wird immer nur in kleinen Chargen gekocht
In kleinen Chargen kocht Wey-Immerz seine Soße. „Sie soll immer frisch sein und nur so viel, wie ich verkaufen kann.“ Anders als die meisten Barbecuesoßen-Hersteller verwendet der Theatereck-Chef kein Raucharoma. „Ich mag den Geschmack nicht und biete meinen Gästen nur das an, was mir schmeckt.“ Außerdem überdecke Raucharoma nur die anderen Geschmacksrichtungen.
Für ordentlich Würze ist dennoch gesorgt. Erst nimmt Weyh-Immerz handelsübliches Ketchup und kocht es mit Cola-Sirup auf. „Zuerst habe ich ganz normales Cola genommen, aber es braucht viele Stunden, bis es reduziert.“ Der Koch hat eine Brauerei gefunden, die ihm den dunklen Sirup auch in kleinen Mengen abgibt.
Für Süße ist im kochenden Sud also ausreichend gesorgt, ein großzügiger Schuss Portwein verleiht eine fruchtige Note, diverse Gewürze – sie bleiben Weyh-Immerz´ Geheimnis – sorgen für weitere Aromen. Ein bisschen schmeckt das kochende Gemisch nach Glühwein, aber nicht lange. Denn frisch gehackter Knoblauch, Salz, drei verschiedene Essigsorten sowie frischer Zitronenabrieb runden die Soße ab und machen sie deftig. Nach einem kurzen Aufkochen ist die erste Variante fertig und kann in sterilen Fläschchen abgefüllt werden. Im Glas entfalten sich die Aromen weiter.
Der Mindelheimer Koch hat zwei Varianten für die Soßen
Und für Feinschmecker, die es gerne scharf mögen, hat der Mindelheimer Koch eine zweite Variante. In den selben Sud gibt Weyh-Immerz gehackte Chili hinzu. Noch bezieht er die scharfe Paprikafrucht aus einem Asia-Shop, aber bald finden selbst gezogene Chilis aus seinenem Garten in den Kochtopf. „Sie reifen gerade aus.“ Drei Pflanzen stehen in seinem Lokal an der Fensterbank. Sorge, dass sich ein Gast bedient, hat der Wirt nicht. „Eine der Pflanzen hat eine Million Scoville, da beißt man nur einmal rein“, sagt Weyh-Immerz und lacht.
Seine gute Laune soll aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass es seinem Laden – wie vielen anderen in der Corona-Zeit – nicht gut geht. Sechs Vollzeitstellen inklusive Aushilfen muss er bezahlen. Für ihn selbst bleibt seit Monaten kein Cent übrig. „Meine Frau arbeitet auch, eigentlich verdient sie das Geld für mich mit.“
Wenn kein Biergartenwetter ist, kommen kaum noch Kunden ins Mindelheimer Theatereck
Weyh-Immerz weiß nicht, wie lange er seinen Laden noch betreiben kann. „Jetzt im Sommer hatten wir wieder einige gute Tage, aber sobald kein Biergartenwetter ist, kommen kaum noch Kunden.“ Das eng kalkulierte Mittagsgeschäft alleine reiche nicht. „Normalerweise haben wir im Jahr ungefähr 25 Großveranstaltungen mit bis zu 600 Gästen, das bleibt heuer alles aus.“
Auch Geburtstage, Hochzeiten oder Trauerfeiern bewirtet das Theatereck nur noch selten. Auch Kulturveranstaltungen im Forum gibt es derzeit nicht. Es könne ein harter Winter bevorstehen, sagt der Gastronom im Hinblick auf eine zweite Infektionswelle und möglicherweise verschärften Hygieneschutzmaßnahmen. „Aber uns Wirten trifft es nicht härter als viele andere Geschäfte.“ Eins sei klar: Der Wirtschaftszweig Gastronomie sei nur am Ende einer Handelskette. Regionale Erzeuger, Zwischenhändler, Lieferanten oder Brauereien leben größtenteils davon, dass Gastronomen ihre Produkte von ihnen beziehen und weiterverkaufen.
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